Alpenüberquerung auf dem E5 mit Kaunergrat-Variante – Interview mit Jochen
Warst Du ausschließlich zu Fuß unterwegs oder gab es ab und zu eine kleine Erleichterung durch die Nutzung verschiedener Beförderungsmittel?
Ich hab das Taxi in Holzgau bis zur Materialseilbahn Memminger Hütte genommen. Ebenso habe ich die Venetgondel genommen und den Bus über das Timmelsjoch. Im Nachhinein betrachtet, waren das die richtigen Entscheidungen. Man verpasst landschaftlich und alpinistisch nichts, wenn man diese Strecken mit alternativen Transportmöglichkeiten zurücklegt.
Du hast Dich sicher gut auf Deine Wandertour vorbereitet. Was gehört nach Deiner E5-Erfahrung unbedingt in den Rucksack und worauf hättest Du im Rückblick verzichten können?
Es ist sicherlich hilfreich, sich ausreichend Zeit (drei Monate) für die Vorbereitung auf die Tour zu nehmen, wenn man nicht regelmäßig Sport macht. Jede Cardio-Einheit vor der Tour macht den Aufstieg und die Akklimatisation etwas weniger anstrengend. Und mit einem gut trainierten Rumpf trägt sich auch jeder Rucksack leichter. Rückblickend hätte ich auf alle Schlecht-Wetter-Klamotten verzichten können. Aber so ein Glück mit dem Wetter, wie ich es hatte, hat man sicherlich sehr selten. Daher: einpacken.
Gutes Material gehört in jeden Rucksack. Ob man das Baumwollhemd für den Abend auf der Hütte braucht, ist sicherlich Geschmackssache. Tape und Blasenpflaster sowie ein Erste-Hilfe-Set mit Rettungsdecke sind jedoch unabdingbar und gehören in jeden Rucksack. Ansonsten hat mir ein doppelter Bekleidungssatz und etwas Gemütliches zum Anziehen für abends auf der Hütte gereicht.
Für alle, die Motivationsprobleme haben, empfehle ich, sich von daheim etwas mitzunehmen, was man gerne isst oder trinkt. Geht gar nichts mehr vorwärts, ist das der „Joker“, der einem wieder genügend Antrieb verschafft.
Wie hast Du die Ausgesetztheit in der Natur erlebt?
Wirklich ausgesetzt habe ich mich nie gefühlt. Das mag daran liegen, dass ich schon einige Bergerfahrung habe und das Gefühl kenne, in den Bergen unterwegs zu sein. Es gab im Gegensatz dazu eher Momente, wo ich mich verbunden mit der Natur gefühlt habe. Gerade wenn man acht Stunden gelaufen ist und abends einen sehr schönen Sonnenuntergang erlebt, fühlt man den Weg, den man bis hierher gegangen ist. Man fühlt sich als Teil eines Tages, der zu Ende geht und als ein Stück Natur, die sich zur Ruhe bettet. Und man weiß, dass dieser Moment einem für immer allein gehört. Dass jeder Fußabdruck, den man hinterlassen hat, ein Stück Respekt gegenüber dem Berg ist, den man erklommen hat und dem Weg, den man gegangen ist. Respekt vor der Erhabenheit, der Abgeschiedenheit und der Ruhe der Berge, welche sie uns (meist gestressten Stadtmenschen) geben. Man sieht den Berg als Freund, mit dem man sich ein kleines Kräftemessen liefert und den Weg als Begleiter und Leiter der Erfahrungen und Eindrücke, die man in dieser Zeit sammelt.
Welche Augenblicke werden Dir ganz besonders in Erinnerung bleiben?
Das spontane Bad an der Oberjochalm, der Sonnenuntergang auf der Hirzer Hütte, der Abend mit Memory und Mau-Mau auf der Kaunergrathütte, die Ausblicke vom Gipfel des Hirzer und natürlich die Verspätung bei der Heimreise mit der Bahn 😉
Was möchtest Du uns und den Lesern dieser Seite zum Abschluss unbedingt noch sagen?
Behandelt die Berge mit Respekt. Geht die Tour, wenn möglich, mit Freunden und nicht in geführten Gruppen. Versucht, von der Ruhe der Berge und dem (zwangsweisen) Verzicht auf vermeintlich wichtige Dinge des Alltagslebens etwas in das Leben nach der Tour mitzunehmen und es zu bewahren.
Für alle halbwegs gut trainierten und fitten Menschen ist diese Alpenüberquerung ein schöner, sportlicher Spaziergang über elf Tage. Für Menschen, die noch nie in den Bergen waren, sicherlich ein tolles Erlebnis, das Lust auf mehr macht. Eins gilt aber für alle: Habt Spaß auf der Tour und genießt die Zeit, die ihr unterwegs seid. Gute Tour!
Vielen Dank für das Interview, Jochen!