„Ein einzigartiges landschaftliches Highlight!“ – Interview mit Eva
Ich freue mich erneut ein Interview zur E5 Alpenüberquerung hier veröffentlichen zu dürfen. Alle weiteren Interviews findet ihr im Menüpunkt Erfahrungsberichte. Ich bedanke mich auf diesem Weg nochmal herzlich bei Eva für das Interessante Interview!
Über dich: Wer bist du? Woher kommst du? Warum hast du dich für die Alpenüberquerung auf dem E5 entschieden?
„Ich bin Eva, 34 Jahre alt und wohne im Raum Freiburg. Seit vielen Jahren bin ich im Wanderstiefel unterwegs. An der Alpenüberquerung hat mich gereizt, innerhalb kürzester Zeit von Deutschland nach Italien zu wandern – eine große sportliche Herausforderung! Die Alpenüberquerung habe ich im Jahr 2015 mit einem Freund zusammen angefangen zu planen. Für die ursprünglich geplante Überquerung in 2016 kamen uns berufliche Veränderungen in die Quere, aber im Sommer 2017 hat es dann geklappt. Wir haben Partner und Freunde eingeladen, mitzumachen. Überlegt haben viele, gewandert sind wir letztendlich zu viert.“
Allgemeines zu deiner Alpenüberquerung: Wie hast du dich vorbereitet? Wann und mit wem bist du gestartet? Welche Route und Etappeneinteilung hast du gewählt?
„Vorbereitet habe ich mich im Winter auf dem Laufband und ab dem Frühjahr im Schwarzwald – vor meiner Haustüre. Im April 2017 bin ich 5 Tage auf dem Schluchtensteig gewandert mit wenig Gepäck und geringen Höhenmetern. In den letzten Wochen vor der Tour bin ich nahezu jeden Abend ca. 2h unterwegs gewesen mit einem Trainingsgewicht von 15kg auf dem Rücken. Auf der Alpenüberquerung hatte mein Rucksack dann nur noch 8-9kg.
Gestartet bin ich mit 3 Freunden zusammen Mitte Juli 2017 in Oberstdorf. Unsere Route war:
Tag 1: Oberstdorf (Spielmannsau) – Holzgau
Tag 2: Holzgau – Württemberger Haus
Tag 3: Württemberger Haus – Zams
Tag 4: Zams – Mittelberg
Tag 5: Mittelberg – Alpengasthof Sonneck (oberhalb von Zwieselstein)
Tag 6: Sonneck – Gasthof Hochfirst (nach Überschreitung des Timmelsjoch)
Tag 6: Hochfirst – St. Leonhardt (im Passeiertal)
Tag 7: St. Leonhardt – St. Martin
Tag 8: Ruhetag
Tag 9: St. Martin – Meran
Tag 10-12: Meran
Tag 13: Transfer Meran – Oberstdorf“
Der Anfang der Wanderung: Wie bist du am Beginn mit den langen Etappen und dem schweren Rucksack zurechtgekommen? Gab es am Anfang schon irgendwelche Schwierigkeiten?
„Aufgrund der Vorbereitung war der schwere Rucksack kein Problem, auch auf die langen Etappen waren wir gut eingestellt. Wir sind alle keine unerfahrenen Wanderer, so waren wir vom ersten Tag an schon recht gut im Tritt.“
Die Hütten und Unterkünfte: Wo hast du genächtigt und wie hast du die Übernachtungsmöglichkeiten wahrgenommen?
„Wir haben einmal auf der Hütte übernachtet (Württemberger Haus), ansonsten in Pensionen und Gasthäusern und Pensionen im Tal oder in der (Halb)Höhe. Ich hätte gerne öfter auf den Hütten geschlafen, die klassische Route war aber komplett ausgebucht, sodass wir gezwungen waren, unserer Route etwas anders zu planen. Wir hatten insgesamt sehr gute Zeiten auf den Hütten. Das Württemberger Haus kann ich als Ausweichquartier zur Memminger Hütte nur empfehlen. Auf der Kemptner und Braunschweiger Hütte haben wir Mittag gegessen, überall sind wir hervorragend verköstigt worden. Die Alpengasthöfe Sonneck (oberhalb von Zwieselstein) und Hochfirst (in Südtirol) kann ich ebenfalls nur empfehlen. Sie bieten eine gute Alternative zu den Berghütten, sind traumhaft gelegen in mitten der einsamen Bergwelt, bieten eine tolle Aussicht und sehr gute Verpflegung mit insgesamt sehr gutem Preis-Leistungs-Verhältnis. “
Mitglied im Alpenverein: Bist du Mitglied beim DAV? Wenn ja: warum? Wenn nein: warum nicht?
„Ich bin seit vielen Jahren Mitglied im Alpenverein, zwischenzeitlich sogar in 2 Sektionen. Wenn man regelmäßig in den Alpen unterwegs ist, profitiert man von der Mitgliedschaft, auch werden interessante Kurse und Ausfahrten angeboten. Darüber hinaus sehe ich die Mitgliedschaft als einen kleinen Beitrag für einen Verein, der Berghütten in den Alpen bewirtschaftet und in die Erhaltung/den Ausbau des Wegenetzes investiert.“
Das Wetter: Regen, Schnee oder Nebel können die Wanderung schnell gefährlich und unangenehm machen. Hattest du Glück mit dem Wetter oder gab es eine Situation wo du wegen des Wetters lieber umgekehrt wärst?
„Wir hatten insgesamt unglaublich Glück mit dem Wetter, hatten überwiegend Sonnentage, konnten auf den Bergwiesen bei angenehmen Temperaturen rasten und hatten nahezu keinen Regen. Eine kritische Situation gab es allerdings: Wir sind am 5. Tag von Mittelberg zur Braunschweiger Hütte aufgestiegen und haben dort Mittag gegessen. Nach der Pause wollten wir über das Pitztaler Jöchl hinüber und abtsteigen ins Ötztal. Doch als wir die Hütte verlassen wollten, begann es zu stürmen und zu hageln. Also ging es sofort wieder zurück in die Hütte – ein Glück kam der Sturm nicht bei der Überquerung des Jochs! Wir hatten uns schon darauf eingestellt, die Nacht auf der Braunschweiger Hütte zu verbringen, als schon nach 1h Wartezeit die Sonne am Himmel wieder rauskam und wir völlig unproblematisch unsere Wanderung fortsetzen konnten.“
Die allgemeine Stimmung: Wie hast du die anderen Wanderer auf dem Weg wahrgenommen? Waren Hütten, Taxis und der Weg allgemein überfüllt?
„Es ist schön, dass man manche Wanderer immer wieder trifft, auch wenn wir abseits der Hauptroute unterwegs waren. Auf den Hütten war die Stimmung mit anderen Wanderern immer gut und entspannt. In Holzgau mussten wir die Erfahrung machen, dass unser Transfer-Taxi schnell gefüllt war und schon bald keine Wanderer mehr aufnehmen konnte. Eine Reservierung des Transfers am Vorabend ist unbedingt zu empfehlen!“
Dein Tipp: Was würdest du einem „E5 Neuling“ auf jeden Fall empfehlen?
„Ein guter Reiseführer macht Sinn für die Vorbereitung und Routenplanung. Unterwegs kann ich aber nur empfehlen, mit den Gastwirten auf den Berghütten zu sprechen. Sie haben immer die aktuellsten Informationen über Wegbeschaffenheit, Wetterbericht, alternative Routen, besondere Sehenswürdigkeiten, etc.. Die Tipps, die wir unterwegs bekommen haben, waren immer sehr wertvoll! Darüber hinaus empfehle ich jedem Fernwanderer, in der Vorbereitung bereits mit einem schweren Rucksack zu trainieren – mindestens so schwer wie der endgültige Rucksack später wiegen wird. So erspart man sich die unangenehmen Rückenbeschwerden auf der Tour und kann die Wanderung besser genießen.“
Die Motivation: Wie hat sich diese im Laufe der Wanderung entwickelt? Gabe es einen Punkt wo du an einen frühzeitigen Abbruch gedacht hast?
„Auf einer längeren Wanderung ist es sicher ganz normal, dass man mal bessere und mal schlechtere Tage hat. Das ging uns allen so. Mein schwierigster Tag war Tag Nr. 6. Auch wenn es nicht unser längster Wandertag war, so hatte ich den – subjektiven – Eindruck, dass der Anstieg zum Timmelsjoch nie enden wird. Am nächsten Tag ging es dann wieder besser. An einen frühzeitigen Abbruch haben wir zu keinem Zeitpunkt gedacht!“
Schwierige Passagen: Gab es eine besonders schwierige Passage für dich? Wenn ja: Wie hast du diese gemeistert?
„Auf unserer Alternativroute gab es am 2. Tag einen anspruchsvollen und seilversicherten Schlussanstieg zum Leiterjöchl. Im Vorhinein hatten wir etwas Sorge, wie das Wetter sein wird und ob wir fit genug sind, nach über 1.000hm Anstieg diesen anspruchsvollen Teil zu meistern. Mit dem Wetter hatten wir Glück – den ganzen Tag hat die Sonne gescheint. An diesem Tag sind wir besonders früh morgen gestartet und haben sowohl den langen Anstieg als auch die leichte Kletterei am Ende sehr gut gemeistert.“
Rückblickend: Wie hat dir die Alpenüberquerung allgemein gefallen? Was würdest du beim nächsten Mal anders machen? Was ist dir besonders in Erinnerung geblieben? Wie hat sich dieser etwas andere Urlaub auf dich ausgewirkt?
„Die Alpenüberquerung ist ein einmaliges Erlebnis. Beim nächsten Mal würde ich noch etwas früher buchen und öfter auf den Berghütten übernachten. Nahezu die ganze Strecke ist ein einzigartiges landschaftliches Highlight! Das habe ich noch nie zuvor gesehen, erklärt aber die Beliebtheit der Tour. Für die Zukunft hat es mir viel Selbstbewusstsein fürs Fernwandern gegeben. Auf meinen künftigen Touren werde ich noch mutiger sein, sowohl viele Kilometer als auch viele Höhenmeter in Wandertouren einzuplanen.“